Im Gedenken an August Everding

(1928 – 1999)

Intendant der bayerischen Staatstheater, Präsident des Deutschen Bühnenvereins, aufgenommen am 11.11.1997 während der Preisverleihung des Internationalen Theaterinstituts (ITI) in München. Foto: dpa

 

Meine erste und einzige Begegnung mit August Everding datiert vom 18. Oktober 1996. Er hielt die Festrede zum 75-jährigen Jubiläum der Donaueschinger Musiktage 1.

Bevor er seine eigentliche Rede begann, ging er auf den Tenor und Titel des vorherigen Grußworts von Helmut Lachenmann ein, hier zitiert aus der Erinnerung:

Sehr verehrter Herr Lachenmann, Ihre tiefgründigen Ausführungen in Ehren, ich habe sie mit großer Neugierde und Interesse verfolgt, aber bitte, sagen Sie nicht: ‘Die Musik ist tot’. Kunst und Musik werden niemals sterben. In Zürich sah ich auf einer Hauswand ein Griffiti: ‘Gott ist tot’ unterzeichnet war es mit … (er führte begleitend eine waagrechte Handbewegung aus): ‘Nietzsche’. Doch damit noch nicht zu Ende, denn darunter war in gleicher Weise, die kategorische Aussage konterkarierend gesprayt: ‘Nietzsche ist tot”, … horizontale Handbewegung: ‘Gott’“.

Das war “Everding” pur. Das Publikum lachte (erleichtert). Schließlich befand man sich ja inmitten eines Zirkels, wo traditionell besonders kritisch über Musik reflektiert wird, – und wo man zugegebenermaßen vielleicht das eine oder andere Mal ein wenig über das “Ziel” mit Enthusiasmus hinausschießt, mit einer allzu überspitzten Wortwahl.

Mehr habe ich von Everdings Vortrag nicht mehr in Erinnerung, dieses treffliche Eingangswort schlug mich in seinen Bann und vielleicht war es sowieso die Essenz seines Vortrags.

Überraschend für mich war aber damals, daß Everding sich mit zeitgenössischer Musik auseinandersetzte. Noch nie vorher fiel mir Everding in diesem Kontext auf, obwohl er höchst medienpräsent war. Seine Äußerungen und sein Konterfei waren in Kunst- und Theater-, aber auch in Politikkreisen allgegenwärtig. Es ging das ironische Bonmot um: “Wenn August Everding auf einem kursierenden Foto nicht abgebildet ist, dann muß er wohl hinter der Kamera gestanden haben“.

Diese offene Geisteshaltung und seine lebendige Dialogbereitschaft war dann kurze Zeit später für mich der Beweggrund, ihm meine Arbeit mit dem Rundbogen vorzustellen. Ich erwartete dazu von ihm kein Statement, denn er war ja “nicht vom Fach”. Um so erstaunlicher war dann sein Brief vom 29. April 1997: