Das katalanische Volkslied “El cant dels ocells” (Der Gesang der Vögel) steht in einer Molltonart, in der Bearbeitung für Viola und Violoncello solo in h-moll, für Violine in fis-moll.
Der 2.Teil beginnt mit der Varianttonart (H-Dur bzw. Fis-Dur), indem die Terz d zu dis (respektive a zu ais) erhöht wird. Offen bleibt, ob diese flüchtige halbtönige Verschiebung das harmonische Gewicht einer Zwischendominante besitzt, welche zur Subdominante (e-moll bzw. h-moll) führen könnte.
Ähnlich verhält es sich mit der Note ais (respektive eis) im 1. Teil. Auch hier stellt sich die Frage, ob sie als Terz der Durdominante fungiert oder lediglich eine melodische Intensivierung des Ganztonschritts h – a (respektive fis-e) erwirkt, da noch im selben Takt die Auflösung zur Note a (bzw. e) erfolgt.
Die elegische Melodie steht im Kontrast zum Titel des Volkslieds, denn ein buntes, quirliges Geträller von Vögeln, der Liedtext zählt 32 Vogelarten auf, läßt diese kaum assoziieren. Sie will ebenso nicht recht zur inhaltlichen Aussage des Lieds passen, die eine Lobpreisung der Geburt Jesu und die Freude darüber darstellt, welche die Vögel untereinander kommunizieren.
Die Umarbeitung für ein solistisches Streichinstrument fügt das Weihnachtslied in komplexe Zusammenklänge ein. Ausgehend vom Tonraum der Molltonika h-moll (fis-moll), der Durtonika H-dur (Fis-Dur) und der Paralleltonart D-dur (A-Dur) werden Zwischen- und Obertöne erweckt, welche sich vom traditionellen tonalen Kontext ablösen, um eine außertonale Wirklichkeit entstehen zu lassen. Die zusätzlich vorangestellten Eingangsdissonanzen sowie die nach dem Volkslied angefügten Obertonintervalle stärken die Mollterz d (a), welche als Differenzton erscheint, und führen zur abschließenden Paralelltonart D-dur (A-Dur), um der freudigen Botschaft mit einem harmonischen Gleichnis, der Hinwendung zur Dur-Tonart, zu entspechen.
Michael Bach Bachtischa
Wissembourg, Dezember 2021
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